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AutorenbildBarbara Bierach

Das Glück der Iren


Schon mal was vom „Luck of the Irish“ gehört? Dem irischen Glück? Letzteres ist nicht wirklich Glück, sondern mehr eine Lebenseinstellung, die sich immer dann manifestiert, wenn etwas schief geht. Ein Beispiel: Ich laufe durchs hohe Gras, übersehe einen abgebrochenen Ast, stolpere und falle... mitten in einen Kuhfladen. Stinkend wieder zu Hause angekommen, beschwere ich mich bei Ole Hubby: „Ausgerechnet heute, wo ich meine nagelneue Hose anhabe!“ Sagt der Hubby: „Irish Luck! Immerhin hast du eine Hose!“

Iren haben kein Glück, dafür aber Humor und Whiskey. Das brauchen sie auch, denn in diesem Land geht immer alles schief. Der Besuch von St. Patrick im fünften Jahrhundert endete in einem tyrannischem Katholizismus, der das Land nahezu lahmlegte. Die Reformation führte zu endloser britischer Besatzung und die Befreiung von diesem Joch erst in einen Bürgerkrieg und dann zu einem gespaltenen Land. Die Kartoffelfäule endete in einer der schlimmsten Hungersnöte, die das moderne Europa je gesehen hat. Alles zusammen sorgte für einen Exodus. Inzwischen leben mehr Iren im Ausland als auf der grünen Insel.

Schließlich kam die EU und mit dem Geld aus Brüssel ein wenig Wohlstand. Die wütenden jungen Männer in Nordirland hatten plötzlich Jobs, heirateten, bekamen Kinder und nahmen Hypotheken auf. Der Nachwuchs der IRA war plötzlich mit Häuschen- statt Bombenbauen beschäftigt und so entstand das Karfreitagsabkommen: Frieden in Nordirland. Dieses Projekt droht nun mit dem Brexit Großbritanniens wieder böse auszugehen, schließlich hat Irland als einziges EU-Mitglied eine Landgrenze mit den Briten und viel zu verlieren. Mindestens an Handelsvolumen, maximal den Frieden in Belfast. Denn wenn die EU-Gelder in Nordirland ausbleiben und London sie nicht ersetzen kann, weil die britische Wirtschaft leidet und mit ihr das staatliche Budget, könnte es wieder eine Generation wütender junger Männer geben. Keine Subventionen, keine Jobs und auch keine Hypotheken. Gebaut werden dann wieder nur noch Bomben. The luck of the Irish.

Wer Kummer hat, hat auch Schnaps. Traditionell ist der Trost der Iren in schwierigen Situationen ein guter Witz und ein Glas Whiskey zur Stärkung der Nerven. Und schwierig ist es hier wie gesagt immer.

Leider sind die Iren jedoch auch beim Schnapsbrennen nur zweiter Sieger. Die Schotten sind 1000 mal erfolgreicher im Herstellen und vor allem Vermarkten des goldenen Stöffchens. Hier im irischen Nordwesten zum Beispiel hat es seit 100 Jahren keinen reinen „pot still“ Whiskey gegeben – und es mussten erst drei Amis auftauchen, damit sich das ändert.

Seit 2016 gibt es die Connacht Whiskey Company am River Moy in Ballina, bei uns um die Ecke. Meister-Distiller Robert Cassell stammt aus Philadelphia, das Geld vom ehemaligen Chef von Remy Cointreau USA, Tom Soren und von JP Stapleton, dem ehemaligen Chairman des National Alcohol Beverage Control Board – ebenfalls USA. Doch auch das ist das Glück der Iren: Weil so viele von ihnen auswandern, haben unendlich viele Briten, Amis, Kanadier und Australier irische Wurzeln. So auch das Kernteam hinter Connacht Whiskey.

Ihre Ware sitzt noch im Fass – darf sich Schnaps doch erst Irish Whiskey nennen, wenn er mindestens drei Jahre gelagert wurde. Einstweilen gibt es Gin, Wodka und Poitin. Letzteres ist eine Verneigung vor dem Zeug, das die Iren unter der britischen Besatzung in den Bergen schwarz gebrannt haben. Denn letztlich ist das die Geisteshaltung, die Irish Luck ausmacht: Glück muss man sich selber machen. Sonst tut es nämlich keiner.


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