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  • AutorenbildBarbara Bierach

Die Macht Der Dinge

Vor zwei Wochen ist unser Container ist angekommen. Seither bin ich im Schock: Warum bloß haben wir so viel Zeug? Das Drama begann schon in Sydney. Ich war bereits am Flughafen und im Begriff das Land zu verlassen, als der Anruf der Spedition kam: „Eure Sachen passen nicht in einen Container. Wir müssen noch eine Zuladung in einen zweiten packen. Kostet 2000 Dollar extra.“

Diese zweite Ladung ist inzwischen auch angekommen – über Belfast allerdings und nicht über Dublin, was bedeutet, dass wir den Bürokratenkram mit dem Zoll zweimal gemacht haben, einmal für die Republic or Ireland und einmal für Great Britain. Aber das ist nicht das Schlimmste, viel übler ist, dass ich jetzt alles wieder auspacken und Platz für all die Bücher, DVDs, Kunstwerke und Klamotten finden muss.

Alles nur, weil wir in 50 Lebensjahren so viele Dinge angesammelt haben. Ich besitze beispielsweise ungefähr 30 oder so Handtaschen und 50 Paar Schuhe... von denen mir die meisten hier am Ende der Welt auf dem Land so nützlich sind, wie eine Wärmflasche aus Schokolade.

Ivan, der Onkel vom Ollen Hubby, starrt voller Unglaube auf die Massen, die wir aus den Kisten holen. Und noch ungläubiger auf das, was ich wegwerfen will. Er wurde vor 77 Jahren geboren – damals hatte die Familie zwar schon das Land, lebte aber im wesentlichen vom eigenen Anbau. Modern ausgedrückt würde man sagen: „asset rich - cash poor“. Zeug war rar damals – und Wegwerfen undenkbar. Dass etwas Geld gekostet hat, bedeutet für Uncle Ivan heute noch, dass man es behalten muss, bis es im Wortsinn auseinander fällt.

Also hortet er. So hat er beispielsweise immer noch die alten Holzfenster, die vor 25 Jahren aus Charlesfort ausgebaut und durch neue ersetzt wurden. Seither verrotten die langsam in einer der Scheunen. Man könnte die ja vielleicht noch mal gebrauchen, um ein Gewächshaus zu bauen... oder so.

Er hat also so viel Zeug angesammelt, weil er früher kein Geld hatte. Ich hab so viel Zeug angesammelt, weil ich immer genug Geld hatte. In beiden Fällen beherrschen wir nicht die Dinge, sondern die Dinge beherrschen uns und verstopfen unsere Häuser, Garagen und Dachböden.

Und unser Denken dazu. Viele von uns hangeln sich ein Leben lang von einem Kredit zum anderen – den für die Studiengebühren, das Auto, das Haus. Manche kaufen sogar Aktien auf Pump. Kapitalismus pur – Kopf runter, arbeiten und Kredite bedienen. Am Ende hat man dann all das Zeug und die Last damit.

Mir reichts. Außer Lebensmitteln und dem Material, um das Haus zu reparieren, habe ich in den vergangenen drei Monaten gekauft: Gummistiefel, ein paar Bücher über Irlands Geschichte und eine neue Gartenbank. Ansonsten habe ich mir ein Steinmännchen angeschafft – selber gebaut aus Material vom Strand. Fühlt sich gut an.


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