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  • AutorenbildBarbara Bierach

Wahnsinnig ansteckend

Aktualisiert: 12. Feb. 2018


„Geht ihr manchmal in dieses Pub?“, tönt die Frage vom Rücksitz. Dort sitzen TJ und seine Frau, wir sind auf dem Rückweg vom Kino. Ole Hubby fährt durch Nacht und Wind an der Kneipe „Muddy Burns“ vorbei.

„Ja, die haben Life Music, Sonntag abends“, bestätige ich.

„Genau… und ein Gespenst im ersten Stock“, sagt TJ, so unberührt, als würde er davon reden, dass der Bauer einen Hund hat. Es geht auf Mitternacht zu und ich denke: Daher weht der Wind! Geisterstunde. TJ macht Witzchen. Also sage ich: „Aha. Und was macht ein Gespenst so?“

„Es spukt natürlich. Harry hat es in der Wohnung da oben nur ein Jahr ausgehalten. Dann musste er ausziehen. Er konnte es nicht aushalten mit dem Spuk.“ TJ ist von meinem Sarkasmus offensichtlich völlig unbeeindruckt.

Ich versuche es also sachlich: „Was genau macht denn ein Gespenst, wenn es spukt?”

„Also, wenn du das genau wissen willst, musst du den alten O'Brien fragen, der lebt schon seit Jahren mit einem Gespenst im Haus.“

„Du solltest nicht so böse über die gute Frau O'Brien reden!” Mein Schwerz verhallt ebenso wie mein Sarkasmus.

„Im Ernst”, sagt TJ. “ O'Brien hat den Raum mit dem Gespenst drin abgeschlossen und geht niemals rein. Denn da sitzt der Spuk.”

„Gespenster können aber doch durch Wände gehen, was nutzt es da, die Türen abzuschließen?“

„Ja, das behaupten sie im Kino und Fernsehen, dass Gespenster durch die Wände gehen! Das stimmt aber nicht. Gespenster sind ortsgebunden.“

Darauf ich: „In der Realität können Gespenster also gar nicht durch festes Material...?“ Dann fange ich an zu lachen. Ich habe die Worte „Realität“ und „Gespenst“ in einem Satz verwendet. Womit die These belegt wäre, dass Wahnsinn um Mitternacht so ansteckend ist wie Schnupfen in einer vollen S-Bahn. Hatschi! Und willkommen in Irland, wo einerseits Facebook, Google oder Paypal ihre Europazentralen haben und die Insel wirtschaftlich zu einer der am schnellsten wachsenden Regionen Europas machen. Wo Schwulenehe normal ist, die Abgabe von Gratisplastiktüten verboten und der Regierungschef Sohn eines indischen Einwanderers. Und wo andererseits die Bauern seit Jahrhunderten um vereinzelt stehende Bäume herum pflügen, um die Feen nicht zu stören, die in solchen Bäumen leben. Wo die Leprechauns am Ende des Regenbogen einen Pot mit Gold versteckt haben. Wo der siebte Sohn eines siebtens Sohns magische Heilkräfte hat und Bauherren vor Beginn eines Neubaus über Nacht Kiesel in der Form des geplanten Hauses aufs Feld legen. Gebaut wird nur, wenn die Steinchen morgens noch unberührt daliegen. Sind sie verschoben worden, führt hier ein magischer Pfad entlang. Den mit einem Gebäude zu blockieren, bringt Unglück. (Auch wenn nur ein Schaf mit Schlafstörungen nachts über die Steine gestolpert ist.) „Glaubst du an Feen?“ Fragt man Leute wie TJ, sagt der: „Nein, natürlich nicht.“

Würde er einen Feenbaum umsägen, um das Pflügen leichter zu machen?

„Nie im Leben!“

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